Friedrich der Große
© Inez Maus 2014–2024
In diesem Jahr jährte sich der Geburtstag des legendären Preußenkönigs zum 310. Mal. Vor zehn Jahren wurde
sein 300. Geburtstag in Potsdam ausgiebig gefeiert, unter anderem mit einer aufwändigen Ausstellung im Neuen
Palais, die den Namen Friederisiko trug. Ich besuchte diese Ausstellung und bin jetzt auf meine Notizen dazu
gestoßen, die ich gern mit meiner Leserschaft teilen möchte, weil mir dieses Ereignis einige interessante Aspekte
zur Persönlichkeit des Preußenkönigs offenbarte.
Friedrich der Große, auch Friedrich II von Preußen, ist bekannt für seine gesellschaftlichen Reformen und für seine
künstlerischen Ambitionen. Er schaffte die Folter ab und veranlasste den Ausbau des Bildungssystems. Neben
seinen Regierungsgeschäften spielte er Querflöte und komponierte Stücke wie bspw. die heute immer noch gern
aufgeführten Flötenkonzerte.
Die Erziehung des späteren Preußenkönigs erfolgte streng religiös und nach den rigiden Vorgaben seines Vaters
Friedrich Wilhelm I. Friedrich schien dies nicht auszureichen, denn er nahm heimlich Flötenunterricht und ließ sich
ebenfalls heimlich von einem seiner Lehrer in Latein unterrichten. Dieser Lehrer half ihm ebenfalls, eine persönliche
Bibliothek anzulegen, obwohl beide damit gegen die Regeln des Vaters und Königs verstießen und hart bestraft
wurden.
Sein Interesse an Kunst dehnte sich auf beinahe alle Kunstrichtungen aus, aber sein Kunstgeschmack war deutlich
von persönlichen Liebhabereien geprägt und neuere Entwicklungen beachtete er meist nicht. In weniger privaten
Bereichen seiner Schlösser liebte er es, Statuen nackter Götter aufstellen zu lassen. In seinen Privatgemächern
dagegen waren Gemälde oder Skulpturen, die Menschen abbildeten, extrem rar. In seinem Arbeitszimmer
befanden sich beispielsweise ein Schreibtisch und ein Spiegel, die nur von Tier- und Pflanzenmotiven geziert
wurden. Den Bücherschrank dieses Zimmers füllte neben den Büchern lediglich eine Ceasar-Büste und im
Empfangszimmer stand ein Schreibtisch mit Eichhörnchen-Motiv.
Die Decke seines Konzertzimmers war nicht mit mythischen oder zeitgenössischen Musizierenden gestaltet
worden, sondern mit Darstellungen von Instrumenten. Auch mehrere Notenblätter schmückten die Decke – und
diese waren so detailliert gearbeitet, dass man die Musikstücke danach spielen konnte.
Als König legte Friedrich in sämtlichen seiner Schlösser eine identische Bibliothek an. Er begründete dies damit,
dass er so die Bücher, die er gerade las, weiterlesen konnte. Man könnte ihn daher auch als Erfinder des
Streamings bezeichnen. Sein Tagesablauf folgte strengen Regeln, die er in seinen verschiedenen Schlössern
pedantisch einhielt. Vieles davon ist überliefert, weil seine Zeitgenossen von dem sich wiederholenden Ablauf
fasziniert waren.
Das Privatleben des Preußenkönigs war äußerst kompliziert. Seit seiner Thronbesteigung lebte er von seiner Frau
Elisabeth Christine von Braunschweig-Bevern, die er seinem tyrannischen Vater zuliebe geheiratet hatte, getrennt.
Zuvor bewohnte das Paar Schloss Rheinsberg, wobei die Ehe kinderlos blieb. Historiker spekulieren, ob Friedrich
der Große homosexuell oder aufgrund einer Geschlechtskrankheit impotent war. Für die Annahme der
Homosexualität spricht, dass sich der König nach intellektuellen Abendrunden, an denen nur Männer teilnahmen,
einen ausgesucht haben soll, der dann allein Zeit mit dem König verbrachte.
Friedrich der Große verstritt sich mit vielen seiner Zeitgenossen. Ob seine offensichtlichen
Kommunikationsprobleme durch seinen Status als König, durch seine schwere Kindheit mit einem tyrannischen
Vater oder durch eine angeborene Ursache hervorgerufen wurden, lässt sich nicht sagen. Vielleicht spielen alle drei
Faktoren eine Rolle. An den legendären Tafelrunden des Königs durften nur Personen teilnehmen, die seinen
intellektuellen Ansprüchen genügten. Selten waren dies Frauen. Diese Tafelrunden funktionierten aus meiner Sicht,
weil sie eine Struktur vorgaben und Themen behandelten, die den Neigungen des Königs entsprachen.
Mit Voltaire stand der König viele Jahre in einem regen Briefwechsel. Mehrere Male trafen sich die beiden, wobei es
bei einem dieser Treffen zu einem Streit und zum Abbruch der Beziehung kam. Erst Wilhelmine von Bayreuth
vermochte einige Jahre später eine Versöhnung zu vermitteln.
Zeit seines Lebens verabscheute es Friedrich der Große, Malern Modell zu sitzen. Porträts von ihm wurden daher
oft als Kopie eines früheren Gemäldes angefertigt. Dies erklärt, warum sich die Porträts des Königs über Jahre so
sehr ähneln. Im Neuen Palais gab es zu seinen Lebzeiten kein einziges Porträt des Königs.
Diese kleine Zusammenstellung von Fakten zu Friedrich dem Großen zeigt, dass es in seinem Leben eine Menge
an Besonderheiten gab, die vielfältige Deutungen zulassen. Mit meinem Blogartikel habe ich einige Parallelen zu
dem, was wir heute unter dem Begriff Asperger-Syndrom summieren, zusammengetragen.