„Das schon wieder heiße Schokolade schlürfende
Monsterlein
© Inez Maus 2014–2024
Dieser Blogartikel enthält einen Veranstaltungshinweis in eigener Sache und Links zum Kooperationspartner.
Vor einem Jahr veröffentlichte ich zwei Ausschnitte aus einer Wintergeschichte meines autistischen Sohnes. Die große
Resonanz auf diesen Blogartikel hat ihn dazu verführt, eine berührende Weihnachtsgeschichte über das Schokolade
schlürfende Monsterlein zu schreiben.
An diesem einen magischen Tag im Jahr, an dem man allen Streit zur Seite legte und stattdessen die schneebedeckten
Ortschaften mit Christbäumen, Weihnachtskränzen und Leuchtketten schmückte, tapste ein einzelnes, kleines
Monsterlein durch die bitterkalte Weiße des Winters. Fürchterlich zitterte es, wobei jedes Mal ein paar Schneeflocken
von seinen Hörnchen herabrieselten.
Ein kleines Dorf kam in Sicht und aus der nahen Ferne lockte der große Weihnachtsbaum auf dem Hauptplatz leuchtend
winkend. An jedem anderen Tag würde das Monsterlein entweder einen Bogen um das Dorf herum machen oder sich
überlegen, wie es etwas Unordnung unter den Menschen verbreiten könnte. Doch am Weihnachtsabend machte sich
Ärger und Zorn rar, sodass das Monsterlein unbesorgt durch das Dorf ziehen konnte. Tatsächlich öffnete sich sogar eine
der Türen und ein Großmütterlein lud es hinein.
Und so saß es eine heiße Schokolade schlürfend in der guten Stube und wurde von dem Enkel der gastfreundlichen
Seele mit großen Augen angesehen. Der kleine Junge musste seinen ganzen Mut aufbringen, um es zu fragen, ob auch
Monsterlein Weihnachten feierten und ob der Weihnachtsmann auch ihnen Geschenke bringe. Das Monsterlein
antwortete ihm grinsend, dass sie durchaus das Fest der Liebe feierten, doch anstatt des Weihnachtsmannes käme
dessen Bruder, der andere Weihnachtsmann. Jener brächte den unartigen Monsterlein Geschenke, während er den
artigen nur ein Stück Wolle gebe. Ob er also der böse Weihnachtsmann wäre, wollte der Junge wissen, worauf das
Monsterlein seinerseits wissen wollte, ob es ihm ein Geheimnis anvertrauen soll. Verstohlen blickte der Junge zu der Tür
zur Küche, in der sowohl die Großeltern als auch der Vater und die Mutter das weihnachtliche Familienessen
vorbereiteten, bevor er sich zu dem Monsterlein heranlehnte. Jenes flüsterte ihm dann ins Ohr, das Unartigkeit nicht
böse ist. Der, wer unartig ist, denkt einfach nur freier und rüttelt die Ordnung etwas auf, die an sich zwar gut ist, aber
erdrückend sein kann, wenn sie zu sehr das Leben des Menschen bestimmt. Darum vollführen die Monsterlein auch ihre
Streiche: Damit die Menschen sich der simplen schönen Dinge des Lebens entsinnen, wie zum Beispiel ein
unbeschwertes Lachen. Deshalb regte das Monsterlein den Jungen an, auch einmal etwas die Grenzen auszutesten und
ein Freigeist zu sein, solange er nicht übertrieb. Der Junge machte sich Sorgen, dass er dann keine Geschenke vom
Weihnachtsmann bekommt, doch das Monster konnte ihm versichern, dass der andere Weihnachtsmann auch bei
Menschenkindern vorschaut.
Etwas später verabschiedete sich das Monsterlein. Die Familie hätte es noch gern etwas länger willkommen geheißen,
doch es hatte noch viel in dieser Nacht zu tun. Und so feierte die Familie Weihnachten. Als sie dann zu später
Nachtstunde schliefen, kehrte das Monsterlein unbemerkt ins Haus zurück. Es grüßte den herumschleichenden Elf mit
der grünen Zipfelmütze, legte unter dem Weihnachtsbaum im Kaminzimmer Geschenke ab und hakte auf seiner Liste
den Namen ab, bevor es wieder hinaus in die Weihnacht verschwand.
Mit dem Schokolade schlürfenden Monsterlein meines Sohnes schaffte ich vor einem Jahr eine Überleitung zu den
Gefühlsmonstern der Gefühlsmonster GmbH, die unseren Kühlschrank zieren und in unserem Alltag schon so manch
erhellendes Erlebnis hervorbrachten. Eine mentale Verwandtschaft zwischen dem Schokolade schlürfenden Monsterlein
meines Sohnes und den Gefühlsmonstern der Gefühlsmonster GmbH besteht nach wie vor nicht.
Inzwischen ist mein Seminar „Einsatz der Gefühlsmonster im Kontext von Autismus“ bei der Gefühlsmonster GmbH gut
angelaufen, sodass es im kommenden Jahr zwei Termine geben wird. Das Seminar richtet sich sowohl an
Familienangehörige als auch an Fachleute, die mit autistischen Menschen arbeiten, und führt u. a. in die Handhabung
des Paketes Autismus ein.
Bevor es soweit ist, gibt es jedoch eine Menge anderer Dinge zu erledigen: „Doch auch wenn Weihnachten eine
magische Zeit bescherte, so bereitete die Zeit davor nicht wenigen sowohl Stress als auch Kopfzerbrechen, schließlich
musste das Fest wie jedes andere vorbereitet werden.“
Ich wünsche allen Besuchern meines Blogs eine magische Weihnachtszeit mit heißer Schokolade und anderen
Leckereien.
PS: Und wenn ein Monsterlein an die Scheibe klopft, dann lassen Sie es bitte auch in diesem Jahr herein, bieten ihm
eine heiße Schokolade an und lachen über seine Streiche.